Die Stimmen hinter dem Schleier

Anläßlich der islamistisch motivierten Terrorwelle Anfang des Jahres 2015, stellten wir Texte von muslimischen Lyrikerinnen in einen beklemmenden Kontext mit der Ideenwelt von Hafiz. Dazu brachten wir erstmals in Wien die Hafiz Vertonungen von Max Kowalski auf die Bühne.

"Die Stimmen hinter dem Schleier" ist das neue Capriccio der Schlüterwerke und eröffnet muslimischen Lyrikerinnen die Bühne. Ihre Werke werden den Gedichten vom persischen Dichter Hafiz, die auch in einer Vertonung von Max Kowalski zu hören sein werden, gegenübergestellt. Hafiz, der Johann Wolfgang von Goethe einst zum West-Östlichen Diwan inspiriert hatte, betet seine Geliebte an, die aber in der heutigen islamischen Welt entrechtet ihrer Stimme beraubt ist.

Wir stellen Gedichte und Prosa von Frauen aus Syrien, Irak, Libanon, Palästina, Algerien, Ägypten, Kuweit, Qatar und Marokko vor, die oft nur im Eigenverlag erschienen sind und lassen Nazik Al-Malaika, Khaloud Al-Muttalibi, Assia Djebar, Ghada Samman, Amal Djarah und viele andere zu Wort kommen.

Besetzung

Ensemble der Schlüterwerke:
Ulla Pilz
Ingala Fortagne
Andrea Köhler
Stephanie Schmiderer
Katharina Weinhuber
Therese Cafasso
Klaus Haberl

Regie: Markus Kupferblum

Assistenz: Corry Riesz

Bühne: Luise Czerwonatis

Programm

„Die Stimmen hinter dem Schleier“ ist eine szenische Collage, die wir als Reaktion auf die jüngste Welle der Islamfeindlichkeit konzipiert haben, die durch die grauenhaften Terroranschläge im Nahen Osten und in Europa ausgelöst wurde.

Dabei stellen wir Lyrikerinnen aus dem arabischen Raum vor, deren Werke zum Teil nur im Eigenverlag erscheinen konnten. Es sind Texte von Lamea A. Amara, Amal Djarah, Amal Al-Jubouri, Zabia Khamis, Nazik Al-Malaeka, Sania Saleh und anderen.

Ihre Werke werden den Gedichten vom persischen Dichter Hafiz, die auch in einer Vertonung von Max Kowalski zu hören sein werden, gegenübergestellt. Hafiz, dessen Werk Johann Wolfgang von Goethe einst zum „West-Östlichen Diwan“ inspiriert hat, betet seine Geliebte an, die aber in der heutigen islamischen Welt entrechtet ihrer Stimme beraubt ist.

 

WIR DANKEN:

Lydia Mischkulnig, Johanna Jonasch, Marcus Loran, Stefan Fuhrer, Robert Neumayr, Linde Waber,

Ilse Shire, Christa Kupferblum,

unserem Mäzen Dr. Thomas Haffner und dem Team vom Brick 5

 

Unser Ensemble erhält keine öffentliche Förderung.

Ihre Spenden an der Abendkassa werden nach dem „Schlüterprinzip“ zu gleichen Teilen unter dem Ensemble verteilt und stellen die einzigen Einnahmen der KünstlerInnen dar.

PROGRAMM

Hafiz Oh Morgenwind
Iman Mercal Ich hab die Weisheit verloren
Zabia Khamis Schizophrenie
Nazim Al Malaika Fragen
Hafiz Sänger mit dem hohen Tone
Max Kowalski (Hafiz) „Mein Aug ist nur dazu da“
Hafiz Dir mein Herz zu öffnen…
Zabia Khamis Wenn ich wie eine Rose liebe
Max Kowalski (Hafiz) „Bülbül singt im Rosengarten“
Hafiz Ich/Sie sprach
Amal Al-Jubouri Schleier der Rache
Lamea A. Amara Entführung
Lamea A. Amara Liebesschulden
Hafiz Sänger mit dem hohen Tone
Max Kowalski (Hafiz) „Alles was geschieht“
Zabia Khamis Guten Morgen
Max Kowalski (Hafiz) „Allah lächelt mir“
Sania Saleh Kilimandscharo
Sania Saleh Die Gerichtsverhandlung
Iman Mercal Ich entblöße mich
Iman Mercal Besuche
Hafiz Ohne deine Wange Glanz
Max Kowalski (Hafiz) „Solange wir im Licht sind“
Lamea A. Amara Und ich
Max Kowalski (Hafiz) „Mein Wille ist so schwach“
Amal Al-Jubouri Schleier des Todes
Amal Al-Jubouri Schleier des Buches
Amal Al-Jubouri Schleier des Schleiers
Amal Al-Jubouri Schleier des Schreis
Max Kowalski (Hafiz) In meinen Schläfen jagt das Blut
Interviews mit Nawal El-Saadawi, Fatewa Mernissi, Assia Djebar und Sahar Kalifeh
Max Kowalski (Hafiz) „Nun bin ich ohne Beschwerde“
Angelus Novus Inspiriert von Walter Benjamin

Publikumsreaktionen

Eine besonders schöne Zuschauerreaktion:
In den letzten Tagen denke ich darüber nach, was ein Mensch alles ertragen kann. Ich beobachte Menschen und denke mir: „Erträgt er/sie es nur, oder trägt er/sie es, oder trägt er/sie vielleicht mit?!“

Gestern hat mir ein Schüler gesagt: „Wissen Sie, wie es ist, wenn man ohne Vater aufwächst? Sie wissen es nicht, aber ich weiß es. Und ich ertrage es nicht. Deswegen bin ich aggressiv!“

Ich hab ihn angeschaut und nichts gesagt und mir auch nichts dazu gedacht, weil ich nicht vorschnell urteilen wollte, um ihn nicht unnötig zu verletzen.

Nachher beim nach Hause gehen dachte ich mir: „Nein, ich weiß tatsächlich nicht, wie es ist ohne Vater aufzuwachsen!“

Heute denke ich mir, einiges kann man im Leben nicht alleine (er)tragen, aber gemeinsam mit anderen Menschen (mit) (davon)tragen. Von daher denke ich mir, dass es wirklich wichtig ist, dass man sich Unterstützung sucht und sich nicht davor scheut zu sagen: „Mir wird das hier alles zu viel. Ich kenne mich hier einfach nicht mehr aus! Bitte unterstützt mich.“

Es ist das wichtigste und ehrlichste Eingeständnis eines Menschens und dann kann so viel Heilsames und Wunderbares geschehen.

Nein, ein Mensch muss nicht und kann nicht alles ganz alleine ertragen. Wir sind soziale Wesen, die voneinander profitieren, wenn sie sich gegenseitig unterstützen. Es kommt eine schöpferische Kraft zustande, die sonst niemals geschehen wäre. Ich helfe dir, um mir zu helfen und umgekehrt. Wir sind sozusagen verbunden – zu einem Kreis, wenn man so will.

Wenn ich einem Menschen, von reinstem Herzen, behilflich bin, dann steigt meine Seele empor zu Sphären die außerhalb meines Verstandes liegen. Mein Herz wird mit so viel Liebe gefüllt, sodass ich voller Demut werde. Man beginnt zu verstehen und zu begreifen. Man beginnt sich zu begegnen.

Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn mir jemand hilft, aber keine Gegenleistung erwartet, sondern MICH ganz befreit und friedlich sehen möchte – ohne innere Konflikte. Ich spüre dann wirklich Hilfe und Unterstützung.

Gleichzeitig weiß ich, wie es sich anfühlt, wenn mir jemand helfen möchte, aber insgeheim eine Gegenleistung erwartet. Von Hilfe und Unterstützung ist dann keine Rede mehr. Es ist einseitiger Eigennutz und dann fühle ich mich benutzt und missbraucht.

In allem steckt eine Absicht und sie ist entscheidend. Sie bestimmt, wie eine Handlung aussehen wird und welche Gedanken von ihr getragen werden. Aber, alles muss nicht ertragen und getragen werden. Der Mensch hat die Möglichkeit zu sagen: „Nein, danke, das will, kann und muss ich nicht mehr (er)+(mit)tragen!“ Hier beginnt das eigenverantwortliche Handeln und dazu bedarf es des Mutes.

"Wer in den Spiegel des Wassers blickt, sieht allerdings zunächst sein eigenes Bild. Wer zu sich selber geht, riskiert die Begegnung mit sich selbst. Der Spiegel schmeichelt nicht, er zeigt getreu, was in ihn hineinschaut, nämlich jenes Gesicht, das wir der Welt nie zeigen, weil wir es durch die Persona, die Maske des Schauspielers, verhüllen. Der Spiegel aber liegt hinter der Maske und zeigt das wahre Gesicht. Dies ist die erste Mutprobe auf dem inneren Wege, eine Probe, die genügt, um die meisten abzuschrecken, denn die Begegnung mit sich selber gehört zu den unangenehmeren Dingen, denen man entgeht, solange man alles Negative auf die Umgebung projizieren kann."(C.G. Jung)

Vorgestern hatte ich Geburtstag und eine ganz liebe Freundin (Susa) hat mich zu einem Lyrikabend am 19.3. 2015, der den Namen „Hinter dem Schleier“ trägt, eingeladen. Das Ensemble war wundervoll, die Aufführung zeitweise herzzerreißend. Die Texte waren zum einen vollkommen real und zum anderen surreal. Hafiz hat von einer göttlichen Liebe gesprochen, als wäre sie vollkommen weit weg von dieser Welt. Hinter dem Schleier antworteten auf die Liebeszeilen Frauen muslimischen Hintergrundes auf ihre Art und Weise - wie ihre Realität aussieht. Hafiz klang wie von einer anderen Welt. Mir kam der Gedanke: „Schön, dass es solche Menschen gibt. Gleichzeitig dachte ich mir: Er ist ein Einzelner!“

Auf der anderen Seite klangen die Stimmen der Frauen voller Verzweiflung durch Kriege und Gewalt. Ich weiß wie Verzweiflung schmeckt und wie bittersüß der Geschmack sein kann. In solchen Lebenslagen sind Menschen wie Hafiz wichtig, so wichtig, weil sie Hoffnung auf ein besseres Morgen schenken. Sie schenken dort Kraft, wo es aussichtslos erscheint. So wandelt sich Verzweiflung in Stärke um, die uns im Leben trägt, die uns hoffen lässt. Die uns mitfühlen lässt, für das Leid der anderen, um einzusehen, dass wir doch miteinander verbunden sind. Leid und Freud, so heißt es, liegen ganz dicht nebeneinander.

Das habe ich gestern Abend verdeutlicht bekommen.

Vielen Dank!

Maida Causevic

Presse

Eine besonders feinsinnige Kritik können Sie hier lesen.

Aufführungen:
12. - 15. März und 19. - 21. März 2015 im
Brick-5 (Fünfhausgasse 5, 1150 Wien)
20.00 Uhr